WUPPERTALER ORTSBAUERNSCHAFT:
Interview Landwirt Martin Dahlmann kritisiert die Schau und befürchtet weiteren Flächenfraß.
Von Claudia Kasemann
Bundesgartenschau in Wuppertal: Viel wird über das Thema derzeit diskutiert. Während sich die einen auf Blumenbeete und Besucher freuen und sie als Beitrag zum Image-Gewinn für die Stadt sehen, kritisieren andere das Großprojekt als überflüssig, teuer und ungeeignet für die Bergische Metropole. Im Gespräch mit der WZ erklärt Martin Dahlmann, Vorsitzender der Orts- und Kreisbauernschaft, warum er die Veranstaltung kritisch sieht.
Info Landwirte im Tal Person Martin Dahlmann ist Ortsvorsitzender und Kreisvorsitzender der Kreisbauernschaft Mettmann, zu der das Bergische Städtedreieck ebenfalls gehört. Zahl Es gibt etwa 100 landwirtschaftliche Betriebe im Stadtgebiet, Haupt- und Nebenbetriebliche. Informationen Wuppertaler Betriebe präsentieren sich und ihre Aktivitäten online: www.bauern-in-wuppertal.de
Herr Dahlmann, was haben Sie gegen die Bundesgartenschau – es geht doch um Natur?
Martin Dahlmann: Schön wär’s. Die Veranstaltung würde erheblichen Raum beanspruchen, unter anderem werden eine Menge Parkplätze benötigt. Dafür müssten landwirtschaftlich genutzte Flächen geopfert werden.
Flächen werden auch für Wohnen und Gewerbe gebraucht…
Dahlmann: Wohnungsnot ist ein gesellschaftliches Problem, da akzeptiere ich als Landwirt, dass es im Außenbereich ebenfalls Flächen für Neubaugebiete geben muss – auch wenn wir uns natürlich für Innenstadtverdichtung aussprechen. Aber auch da bedarf es einer intelligenten, durchdachten Planung, um unnötigen Flächenfraß zu vermeiden.
Ist der denn tatsächlich so gravierend wie man immer hört?
Dahlmann: Er ist noch viel schlimmer. Beim Blick in die Statistik des Landes lässt sich erkennen, dass in Nordrhein-Westfalen jeden Tag mehr als 15 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche verloren gehen, bebaut werden mit Häusern, Gewerbegebieten und Straßen – ich war fassungslos, als ich das erste Buga-Konzept sah. Das habe ich Oberbürgermeister Andreas Mucke auch in mehreren Gesprächen gesagt.
Was ärgert Sie besonders?
Dahlmann: Alle Welt redet von Klimaschutz und Nachhaltigkeit – insbesondere vor diesem Hintergrund lehne ich die Buga 2031 in Wuppertal komplett ab. Denn sie hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. Man sollte das Kind schon beim Namen nennen – es geht hier nicht um eine Wohltätigkeitsveranstaltung, sondern um eine kommerzielle Schau, mit der Geld verdient werden soll.
Und der Imagegewinn?
Dahlmann: Natürlich ist die Veranstaltung für Wuppertal womöglich eine gute Visitenkarte. Aber nicht unter den Aspekten Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Etliche der bebauten Flächen sollen aber doch später wieder in landwirtschaftlich nutzbare Böden zurückgebaut werden?
Dahlmann: Ein schlechter Witz. Es ist illusorisch anzunehmen, dass auf einer einmal versiegelten Fläche im Anschluss wieder wie vorher Weizen wächst. Wir brauchen den Boden dringend, Ackerflächen sind nicht unbegrenzt vorhanden, sondern endlich. Dazu passt im übrigen auch das Thema Kleine Höhe.
Was wäre denn Ihr Wunsch für die Kleine Höhe?
Dahlmann: Das ist eine landwirtschaftliche Nutzfläche. Punkt. Und temporäres Landschaftsschutzgebiet dazu. Die Stadt hat für die Forensik eine super Fläche an der Parkstraße. Die Anwohner mögen nicht glücklich darüber sein, dass womöglich eine solche Einrichtung dorthin kommt, doch wieviel würde man davon mitbekommen? So viel wie vom Ronsdorfer Gefängnis vermutlich – gar nichts. Um es klar zu sagen: Ich bin nicht gegen die Forensik, ich bin aber gegen eine Forensik auf der Kleinen Höhe.
Zurück zur Buga: Dazu hieß es erst jüngst, nicht alle Landwirte seien dagegen.
Dahlmann: Ich habe noch niemanden gesprochen, der ,Hurra’ gerufen hat. Und ich habe größte Hochachtung vor der Familie, die ihr Grundstück nicht für die Buga verkaufen wollte. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Landwirt oder eine Erbengemeinschaft nein sagt, wenn sie von einem Investor ein Angebot bekommt.
Also haben es die Landwirte ein stückweit selbst in der Hand.
Dahlmann: Leider nein. Uns Landwirten gehören im Schnitt nur etwa 20 Prozent der Flächen – 80 Prozent ist im Eigentum von Staat, Kirche oder auch Privatpersonen.
Also keine Buga?
Dahlmann: Wir haben sehr schöne Parks in Wuppertal, man sollte noch mehr Ideen entwickeln, diese Parks miteinander zu verbinden. Ob Hängebrücke oder Events, es gibt tolle Ideen, die die Landwirtschaft nicht beeinträchtigen.
Es klingt ein bisschen so, als sähen Sie die Landwirte als Opfer. Es gibt auch viel Kritik an Bauern, Stichwort Monokultur….
Dahlmann: Wir Landwirte werden immer gern an den Pranger gestellt – teilweise zu Recht – und natürlich sind wir Teil des Problems. Wir sind aber auch Teil der Lösung.
Inwiefern?
Dahlmann: Indem wir Flächen nachhaltig bewirtschaften, Co2 binden und auf biologische Vielfalt setzen. Die jungen Leute gehen unter anderem gegen Flächenfraß jeden Freitag auf die Straße.
Was raten Sie ihnen?
Dahlmann: Vor allem bewusst zu kaufen, und da spreche ich jetzt nicht für mich allein, sondern für die Bauern im Bergischen Land: Wer klimawirksam leben möchte, sollte regional produzierte Lebensmittel vorziehen.
Quelle: www.wz.de