Velbert-Neviges Industrieplanung an der Stadtgrenze beunruhigt

WZ Stadtausgabe Montag, 19. Oktober 1981

Betroffene Bürger wollen sich jetzt zur Wehr setzen

Velbert-Neviges (lf). Zu einem Gespräch über die drohende Ansiedlung von Industrie in unmittelbarer Nähe der Nevigeser Grenze hatte die CDU-Neviges die Betroffenen in die Gaststätte Asbruch an der Nevigeser Straße eingeladen. Bürgermeister Heinz Schemken, Bezirksausschußvorsitzender Sckär und Ratsmitglied Martin Sträßer standen bei einem Frühschoppen den Bürgern zu einem Gespräch zur Verfügung.

Bürgermeister Schemken hat inzwischen in einem Schreiben an den Regierungspräsidenten die Frage aufgeworfen, wie sich die Pläne der Stadt Wuppertal, an der südlichen Grenze Velberts ein Industriegebiet zu errichten, mit dem Gebietsentwicklungsplan vertragen, in dem dieses Gebiet als Entlastungsgebiet für die angrenzenden Ballungsgebiete, als Erholungs- und Freifläche und auch als Kaltluftschneise ausgewiesen ist.

Schemken weist in seinem Schreiben darauf hin, daß dieses Industriegebiet in unmittelbarer Nähe der gerade erst entstandenen und auch noch im Ausbau befindlichen Wohngebiete „Siepen“, „Lüpkesberg“, „Pöthen“ und „Teller-Hof“ liegt, wo sich in erster Linie Menschen angesiedelt haben, die dem Lärm und der Luftverschmutzung der benachbarten Großstädte entgehen wollten. Die in der Versammlung anwesenden alteingesessenen Nevigeser, allen voran der frühere Bezirksausschusvorsitzende Müller, wehrten sich gegen den Verdacht, daß die Schuld für diese Entwicklung noch bei dem Rat der ehemaligen Stadt Neviges zu suchen sei. Zwar habe man das Gelände damals an die Firma Glanzstoff verkauft, doch mit der ausdrücklichen Vereinbarung, daß hier ein neues Verwaltungszentrum und Versuchslabors entstehen sollten. Für den Fall, daß die Firma Glanzstoff das Gelände nicht selbst nutzen werde, sei ein ausdrückliches Rückkaufsrecht vereinbart worden.

Velbert-Neviges, Ratsmitglied Martin Sträßer Bezirksausschußvorsitzender Ernst-Adolf Sckär und Bürgermeister Heinz Schemken (von links nach rechts) standen den betroffenen Bürgern zu einem Gespräch zur Verfügung. Rund 20 Diskussionsteilnehmer hatten sich in der Gaststätte „Am Asbruch“ eingefunden, um über die drohende Industrie-Ansiedlung auf benachbartern Wuppertaler Gebiet zu beraten.

Foto: Otmar Grimm

Durch die Gebietsreform sind solche Vereinbarungen natürlich hinfällig geworden. Unter den Veranstaltungsbesuchern waren auch solche, die damals Land an Glanzstoff verkauft haben. Insgesamt habe die Firma das Land für vier Millionen gekauft und später habe sie es dann an die Stadt Wuppertal für zwölf Millionen weiterverkauft, hieß es. Diese Form von Grundstücksspekulation stößt bei den früheren Eignern natürlich auch auf Kritik. „Ich hätte das Geld damals nicht unbedingt gebraucht und heute würde mir ein Verkauf das vielfache bringen“, ärgerte sich einer der Landwirte, der damals den Plänen der Stadt Neviges nicht entgegenstehen wollte.

Inzwischen soll seitens der Regierung genehmigt worden sein, das Gebiet zum Industriegelände zu machen. Dazu meinte Bürgermeister Schemken, daß die Gebietsreform ja auch dazu gedacht sei, die Interessen der angrenzenden Gebiete gegeneinander abzuwägen und es sei sicherlich nicht gemeint, daß hier einer etwas plane, ohne Rücksicht auf den Nachbarn zu nehmen.

Die Betroffenen wollen nun eine Bürgerinitiative begründen, die sich dafür einsetzen soll, daß das Gelände höchstens als Gewerbegebiet, am besten aber weiterhin als Erholungsgebiet genutzt wird. Noch bestehen ja keine Bebauungspläne für das Gebiet, – so daß man hofft hier noch etwas erreichen zu können. Jedenfalls betonen die Betroffenen, daß sie von einer derartigen Planung nichts gewußt haben, als sie sich hier ansiedelten und daß sie sich hier regelrecht betrogen fühlen.

Wuppertals „stinkende” Industrie Richtung Neviges?

WZ Stadtausgabе Samstag, 3. Oktober 1981
Velbert-Neviges

So sieht der grobe Flächen-Plan aus, den Wuppertal der geplanten Industrieansiedlung im Gebiet Kleine Höhe zugrundelegt. Das Vorgesehene Gebiet erstreckt sich im Norden bis zur Freilichtbühne am Schanzenweg, im Osten bis Steingeshof im Süd-Osten bis Lindgen und weiter bis zur Einmündung Asbrucher-/Nevigeser Straße in Richtung Neviges. Allerdings weitab von der Bahnlinie, die als Grenze zwischen den beiden Städten anzusehen ist.

Pläne stammen noch aus der alten Stadt Neviges – Rechtskräftiger Bebauungsplan

Von unserem Redaktionsmitglied Virginia Steinmetz den Pöthen, vom Asbruch einschließlich der Neubauten in

Velbert-Neviges. „Die Wuppertaler setzen uns jetzt ihre „stinkende“ Schwerindustrie jetzt einfach vor die Nase.“

Bevor man sich eingehend mit den Plänen befaßt hatte, schusterte man Wuppertal den „Schwarzen Peter” zu. Doch ganz so ist dem nun Wirklich nicht. Haben in Neviges viele Alteingessene auch für die große Nachbarstadt nicht sehr viel übrig, weil diese die „grüne Stube“ nach der Neugliederung einheimste, so muß man doch bedenken, daß die Pläne zur Bebauung Kleine Höhe von Alt-Neviges ausgingen. Seinerzeit war das Gelände an die Firma Glanzstoff verkauft worden, weil dort ein Verwaltungstrakt entstehen sollte. Dieser Plan platzte allerdings wie eine Seifenblase, doch Wuppertal erwarb das Gebiet von der großen Firma, und begab sich an die weitere Planung. Die sogenannten Träger öffentlicher Belange wurden gehört, und man plante auch keineswegs hinter verschlossenen Türen, sondern in Neviges, bzw. Velbert wußte man, daß dort etwas geschehen konnte, was heute die Bürger entsetzt. Aufgeweckt wurden viele Nevigeser durch eine Bürgeranhörung der Wuppertaler Ende September. Dort Wurden die Pläne erörtert und für viele Neubürger in Neviges, die sich in den vorhergenannten Gebieten schmucke Häuschen erworben hatten, war dies ein Schock in der Abendstunde. Keiner hatte geahnt, was dort geplant war, was auf ihn zukommen konnte. Man spricht von Schwerindustrie, von einer Seifenfarbik, von Bandwirkereien und anderen „stinkenden“ Betrieben.

Von Schwerindustrie, also eisenverarbeitenden Betrieben, so hieß es in Wuppertal, könne nicht die Rede sein. Das Thema. Seifenfabrik wurde weder bestätigt noch dementiert. Fest steht aber auch, daß Wuppertal nicht gleich an die Ortsgrenze zu Neviges geht mit der Bebauung im ersten Planungsabschnitt, sondern nördlich des Schanzenweges, vorbei an Herrnasbruch, bis Richtung Freilichtbühne am Schanzenweg, Jungmannshof, Am Lindchen, Römershäuschen bis Einmündung Kleine Höhe/Einfahrt nach ¥ges Pläne vorbereitet at. Es liegt hierfür ein rechtkräftiger Bebauungsplan vor, und es scheint, daß die Neu-Nevigeser zu spät auf dieses Gebiet aufmerksam wurden. Verhindern werden Sie die Pläne vermutlich nicht mehr, denn der Zug ist abgefahren. Was man tun kann ist, an die Stadt Wuppertal appellieren, hier nicht mit Schweren Geschützen der Industrie aufzuwarten, um die schöne Wohnlage auf dem Nevigeser Gebiet nicht zu gefährden. Der Rest der „grünen Stube“ von Neviges, der in Velbert bebaut wurde, Würde Sicherlich an Reiz und Wert verlieren, und vermutlich werden auch jetzt schon einige Bürger Rückzieher machen, die sich für Häuser nahe der Wuppertaler Stadtgrenze entschieden haben. Einige Nevigeser kündeten bereits die Gründung einer Bürgerinitiative gegen die Wuppertaler Pläne an.

Industriegebiet Kleine Höhe bei den Bürgern umstritten

WZ Freitag, 25. September 1981
Wuppertaler Nachrichten

Bezirksvertretung Uellendahl-Katernberg tagte vor Ort

Von unserem Redaktionsmitglied Frank Hänschen

Am 30. März dieses Jahres hat der Stadtrat den Aufstellungsbeschluß für ein Industriegebiet an der Grenze zu Neviges gefällt. Es handelt sich um eine nutzbare Fläche von knapp 25 Hektar auf einem Hügel, der sich „Kleine Höhe“ nennt.

Anhörung

Vor der regulären Sitzung der Bezirksvertretung Uellendahl-Katernberg war jetzt im Kinderheim am Jagdhaus eine Bürgeranhörung anberaumt. Wie zu erwarten, hatte der Planungsamtsvertreter Spiecker keinen leichten Stand. Während sich die Fragen, weshalb ein Industriegebiet ausgerechnet hier angesiedelt werden solle, noch mit dem Hinweis auf den eklatanten Mangel an derartigen Flächen in Wuppertal beantworten ließen, konnte – und mußte – der Verwaltungsmann nur noch schweigen, als die Anlieger der Stadt und dem Vorbesitzer des Grundstücks, der Firma Glanzstoff, schlichtweg Spekulation vorwarfen. Glanzstoff habe das Grundstück an der Nevigeser Straße einst den Bauern abgekauft, um dort Gebäude für Verwaltung und Forschung zu errichten, wußten die Bürger. „Gewerbegebiet“ hieß das StichWort. Nachdem diese Pläne fallen gelassen wurden, kaufte im vergangenen Jahr die Stadt Wuppertal das Gebiet – abgeblich zu einem erheblich höheren Preis. Nun soll es mit beträchtlichem Kostenaufwand zu einem Industriegebiet hergerichtet werden, bezugsfertig ab 1983. Eine noch nicht bekannte Zahl von Betrieben, die alle aus Wuppertal stammen, wird hier eine neue Heimat finden.

Nur Gewerbe?

Mit den Neubauten auf der Kleinen Höhe hatte sich die Mehrzahl der versammelten Bürger wohl schon abgefunden, doch gegen den Begriff „Industriegebiet“ wehrten sie sich kräftig. Auf der anschliessenden Sitzung kündigten einige Bezirksvertreter an, sich eventuell dafür einzusetzen, daß es bei einem „Gewerbegebieto bleibe. Wie sieht die Planung aus? Die Erschließung des Gebietes ist über eine neue Stichstraße von der Nevigeser Straße geplant. Die charakteristische Baumgruppe auf der Kuppe und der Asbrucher Bach sol– len möglichst erhalten bleiben. Zu den nächsten Wohnungen bleibt ein MindestabStand von 500 Metern. Der AuSSchuß für Wirtschaftsförderung hat dem Industriegebiet bereits zugestimmt. Die Ergebnisse der Bürgeranhörung werden in das weitere Bauleitplanverfahren einfließen, ein Protokoll über die Veranstaltung geht den Stadtverordneten zu.

 

Wer will schon Industrie als Nachbarn haben?

Was haben ein Busbahnhof, ein Industriegebiet und ein Behindertenheim gemeinsam? Ganz einfach: Keiner will so etwas in Seiner Nachbarschaft haben. Auf dieser Linie lagen auch die Bürger in der Nachbarschaft der „Kleinen Höhe“, denen der Ausblick auf grüne Hügel in Zwei Jahren durch Fabrikhallen Verbaut Werden soll.
Ihr Unmut ist irgendwie schon Verständlich, ebenso ihre Taubheit, Wenn es heißt, in Wuppertal würden Industrieflächen nun einmal dringend gebraucht. Aus eben diesen Gründen sollten Sie wenigstens das Gefühl haben, ausreichend Zu Wort Zu kommen. Im Fall „Kleine Höhe“ War die Anhörung der Bezirks Vertretung Vorgeschaltet. Eine Stunde Zeit war eingeplant. Durch Verspäteten Beginn und häufige Wiederholungen – die Bürger legen eben nicht Solch rednerisches Wohlverhalten an den Tag Wie die Parlamentarier – blieb effektiv Vielleicht eine halbe Stunde. Das ist. Zu wenig. Die Erregung der Bürger wird nicht gelindert, indem man Sie abschneidet. Die Zeit der öffentlichen Anhörungen muß nach hinten Variabel Sein. Besonders gelackmeiert fühlen die Bürger sich dann, Wenn Sie noch in der anschließenden Sitzung der Bezirksvertretung ausharren, Weil hier derselbe Punkt noch einmal zur Diskussion steht, und erleben müssen, daß Ohne Beschlußfassung vertagt wird. Auf ein Neues! F.H.