Offen gesagt

WZ vom 25.01.2020

Düsseldorfer Entscheidungshilfe

Es ist schon ärgerlich, dass es eines Weckrufes aus Düsseldorf bedarf, damit Wuppertal sich noch einmal und hoffentlich endgültig mit einem Thema beschäftigt, das für viele Menschen in dieser Stadt von größter Bedeutung ist.


Von Lothar Leuschen

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) drängt in der Forensik-Frage. Kleine Höhe? Oder doch Parkstraße in Ronsdorf? Dass der Kelch noch einmal ganz an Wuppertal vorübergeht, ist mittlerweile leider recht unwahrscheinlich. Darum haben sich all jene viel zu wenig bemüht, die wie die CDU derzeit vor allem damit beschäftigt zu sein scheinen, sich selbst zu erledigen. Und auch die SPD ist noch zu Zeiten der rot-grünen Landesregierung nicht mit genügend Nachdruck vorstellig geworden, um zu verhindern, dass Wuppertal vollends zur Gefängnisinsel Nordrhein-Westfalens gemacht wird. Also droht der Stadt nach dem Gefängnis für erfahrene Kriminelle und der Haftanstalt für den Nachwuchs nun auch noch das Therapiegebäude für psychisch kranke Straftäter. Originalartikel
All jenen, die jetzt wieder Verständnis bekunden und sich über die vermeintlich vielen Arbeitsplätze in der Forensik freuen, sei gesagt, dass es keiner Stadt nutzt, mit solchen Einrichtungen in Verbindung gebracht zu werden. Wer wissen will, wie das wirkt, darf sich dazu im Viersener Stadtteil Süchteln informieren oder in Willich am Niederrhein. Dieses wirklich nette Städtchen hat vor allem durch sein Gefängnis im Stadtteil Anrath über seine Grenzen hinaus Berühmtheit erlangt. Abgesehen davon, dass Augen und Ohr mitentscheiden, wo Menschen, aber auch Unternehmen ihre Zelte aufschlagen, ist das nichts, was die Süchtelner und die Willicher verdient hätten.
Deshalb ist es gerade im Fall Wuppertal dringend geboten, sich über den Standort einer forensischen Klinik sehr genau Gedanken zu machen. Wie fast immer führt das St. Florians-Prinzip hier zu keiner vernünftigen Lösung. Die Lautstärke des Einspruches ist kein Entscheidungskriterium. Dass aber bereits 1400 Bürger ihre Bedenken gegen die Bebauung der Kleinen Höhe an der Grenze zu Velbert-Neviges kund getan haben, sollte Rat und Verwaltung alarmieren, etwas sensibler mit dem Thema umzugehen.
Nüchtern betrachtet ist der Schaden geringer, der durch eine solche Klinik in Ronsdorf entstünde. Dort gehören dem Land schließlich bereits geeignete Flächen, und die unliebsame Einrichtung befände sich in der Nähe weiterer Landesbetriebe. Die Idee von CDU, SPD und Oberbürgermeister Andreas Mucke, an der Parkstraße Gewerbe anzusiedeln, ist hingegen mindestens fragwürdig. Dieser Plan hätte erst in dem Moment einen Sinn, in dem die Parkstraße als vierspurige Stadtautobahn eröffnet worden ist. Wer die Straße heute morgens und abends nutzt, weiß, dass jedes potenziell neue Unternehmen angesichts der regelmäßigen Staus nur abwinken kann, wenn es dort zur Ansiedlung bewegt werden soll. Und wer weiß schon, wann die zuständigen Politiker sowie Behörden das zunehmend drängendere Verkehrsproblem der bemitleidenswerten Ronsdorfer endlich gelöst haben werden?

Dass die Kleine Höhe nie und nimmer bebaut werden wird, glaubt indes vermutlich allerdings auch niemand mehr. Angesichts eines bedrückenden Mangels an hochwertigem Bauland in Wuppertal ist diese große Grünfläche vielmehr eine Ressource, mit deren Hilfe Wuppertal endlich eine ebenso behutsame wie zielführende Stadtentwicklungspolitik betreiben könnte. Die hat es zwar schon viele Jahre nicht mehr gegeben, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Irgendwann endet jedes Elend.
Das nun anscheinend leider nicht mehr zu verhindernde Ja zur Forensik ist mithin kein Wettbewerb Ronsdorfer gegen Uellendahl-Katernberger, sondern es ist die Antwort auf die Frage, wie Politik und Verwaltung Wuppertal zu gestalten gedenken, wenn denn überhaupt noch. Grundsätzlich zeigt das Beispiel Forensik, wie ideen-, lust- und mutlos die politischen Parteien in Wuppertal viel zu lange schon agieren. Wenn Ideologen und Lobbyisten die Geschicke der Stadt bestimmen, dann entscheiden am Ende andere, dass und was in Wuppertal wo gebaut wird. Denn Leuten wie zum Beispiel Karl-Josef Laumann ist diese Stadt vermutlich völlig egal.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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